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30.11.22 –
Leitmesse „denkmal“ in Leipzig: Ein großer Appell, den Schutz von Kulturerbe und Klima zusammenzudenken
Die Grüne Landtagsabgeordnete Dr. Sabine Weigand besuchte die Leitmesse „denkmal“ in Leipzig – „Wir können von unserem baulichen Erbe sehr viel für das Bauen in Zeiten der Klimakrise lernen. Denkmalschutz und Klimaschutz sind kein Widerspruch, im Gegenteil. Die Leitmesse der Branche in Leipzig hat ganz klar gezeigt, dass Denkmalpflege ein grünes Thema ist“, stellt die denkmalpolitische Sprecherin klar.
Die Leitmesse der Denkmalbranche in Leipzig rückte Denkmalschutz und Bauen in der Klimakrise in den Fokus. Viele Ausstellerinnen und Aussteller präsentierten tradierte Bauweisen und nachhaltige Baustoffe wie Lehm, Holz, Farben mit natürlichen Inhaltsstoffen und ökologische Dämmstoffe. „Denkmäler sind per se nachhaltig. Weil die historischen Gebäude reparierbar, recycelbar und ihre in der Regel natürlichen Materialien wiederverwendbar sind“, macht Sabine Weigand deutlich.
Der Fachkongress „Denkmal for Future - Denkmalpflege in Zeiten des Klimawandels“ im Rahmen der Messe zeigte die Problemlagen auf, die Hitzeentwicklung und Trockenstress für den Baubestand bringen: „Der Klimawandel beeinflusst das gesamte Bauen“, stellt Sabine Weigand fest. „Es ist mit Hilfe von Simulationsverfahren möglich, konkrete Klimaentwicklungen für einzelne Gebäude zu berechnen und bei Bauprojekten zu berücksichtigen. Diese Daten müssen wir in Planungen einbeziehen, um unsere Gebäude an den Klimawandel bestmöglich anzupassen“, fordert die Denkmalexpertin.
Dabei müsse nicht nur an klimabewusstes Heizen, sondern auch an effiziente und ressourcenschonende Kühlsysteme gedacht werden. Weigand: „Berechnungen zeigen, dass z.B. die denkmalgeschützte Kathedrale in Gent im Jahr 2100 im Sommer eine Innentemperatur von 40 bis 45 Grad haben wird. Und das auch dann, wenn wir unsere CO2-Einsparziele einhalten. Wenn sich aber sogar die Kirchen, die bislang im Sommer immer Orte der Kühle waren, aufheizen, muss uns das eine Warnung sein.“
Kluge Kühlsysteme lassen sich auch in Denkmälern finden. So bezieht Prof. Harald Garrecht, Leiter des Instituts für Werkstoffe im Bauwesen an der Universität Stuttgart, unter anderem das Konzept der Eiskeller aus historischen Gebäuden in Forschungsprojekte ein. Zum Beispiel bei der Entwicklung von Maßnahmen, die große Quartiere in der denkmalgeschützten Hamburger Speicherstadt CO2-neutral mit Energie versorgen sollen.
Dr. Johanna Leissner vom Fraunhofer-EU-Büro Brüssel machte in Leipzig deutlich: „Die EU tut viel für die Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Kulturgüter, Deutschland nicht.“ Leissner ist Vorsitzende eines Fachgremiums mit Vertreterinnen und Vertretern aus 28 EU-Ländern, das nun den Abschlussbericht „Stärkung der Resilienz des Kulturerbes gegen den Klimawandel“ vorgelegt hat.
„Nicht nur Extremereignisse wie Überflutungen oder lange Hitzeperioden gefährden Baudenkmäler, sondern auch langsame Veränderungen“, stellt Leissner klar. „Wir werden in den Wintern immer häufiger beobachten, dass die Temperaturen zwischen -1 und +1 Grad schwanken. Diese häufigen Wechsel zwischen Frost und Tau setzen den Gebäuden stark zu.“
Von den 28 Ländern, die sich an der Expertengruppe von Johanna Leissner beteiligt haben, verfügen neun über gar keinen Rechtsrahmen für Kulturerbe und Klimawandel. In 15 Ländern wird in der nationalen Politik zum Kulturerbe der Klimawandel immerhin erwähnt. Nur in zwölf Ländern ist das Kulturerbe in der Politik zum Klimawandel ausdrücklich berücksichtigt.
Sabine Weigand: „Es ist ganz zentral, dass wir jetzt den Schutz unserer Denkmäler vor den Folgen des Klimawandels politisch vorantreiben. Aber nicht nur das. Wir können und müssen von den Denkmälern lernen, wie wir jetzt Gebäude für das Klima von Morgen planen.“
Die Historikerin betont: „Denkmäler wurden zu ihrer Zeit mit den fortschrittlichsten technischen Möglichkeiten gebaut. Wenn wir sie in Stand setzen, müssen wir also wiederum die modernsten Techniken verwenden, um sie resilient zu machen gegen die Herausforderungen des Klimawandels.“
Ein großes Problem sind sinkende Grundwasserspiegel. „Wenn wir sehen, mit welchen ausgefeilten Techniken Restauratoren vor kurzem die denkmalgeschützte Kirche in Leubnitz-Neuostra retten mussten, die akut einsturzbedroht war, weil der Grundwasserspiegel sank, führt uns das die Auswirkungen des Klimawandels deutlich vor Augen.“ Und diese werden künftig auch neuere Gebäude treffen.
Deshalb fordert Weigand: „Wir müssen bei neuen Bauprojekten mitdenken, was wir dank Simulationen und Berechnungen über die Klimaveränderungen in einer Kommune, in einem Landstrich, heute wissen. Diesen Übertrag in die Praxis fordern auch die Universitäten dringend. Städte und Architekturbüros müssen deren Forschungsergebnisse standardmäßig in ihre Planungen einbeziehen, dafür muss das politische Handeln die nötigen Rahmenbedingungen schaffen.“
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