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18.07.21 –
Mitte im Wohngebiet, unentdeckt und unbemerkt liegt ein Juwel, das kaum jemand kennt. Der alte jüdische Friedhof in Nürnberg. Mit seinen mehr als 2000 Gräbern, die, wie es im Judentum Brauch ist, sich selbst überlassen sind, geben eine grüne Oase inmitten städtischer Wohnhäuser. Auf Einladung von Verena Osgyan, Landtagskollegin aus Nürnberg, lies sich Sabine Weigand vom Geschäftsführer der israelitischen Kulturgemeinde André Freud, durch das Gelände führen. Der Friedhof entstand nach einem langen Ansiedlungsverbot um 1850, als sich Juden wieder in Nürnberg niederlassen durften. Bemerkenswert ist die große Abteilung für Kindergräber, die man nicht auf jedem jüdischen Friedhof vorfindet. André Freud erzählte, dass hin und wieder immer noch Anfragen von Nachkommen der Nürnberger Juden beispielsweise aus Amerika an die Kultusgemeinde herangetragen werden, auf der Suche nach den Gräbern ihrer Vorfahren. Der Friedhof ist noch nicht dokumentiert und kartiert und wartet noch auf seine wissenschaftliche Bearbeitung. André Freud würde eine solche wissenschaftliche Bearbeitung begrüßen.
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Die zweite Station des Nürnbergbesuchs gab einen großen Kontrast zum ersten. Der Johannisfriedhof bot ein gänzlich anderes Bild: Akkurat angeordnete Steinplatten, dicht an dicht, mit schmalen Wegen und nur vereinzelten Bäumen und blühenden Rosenbüschen. Hier empfingen Pfarrer Ulrich Wilmer, Elfi Heider, Geschäftsführerin der Evangelisch-Lutherischen Friedhofsverwaltung St. Johannis und St. Rochus und die Stadtheimatpflegerin Dr. Claudia Maué die Gruppe und führten kenntnisreich durch die Gräberreihen. Der Friedhof existiert seit 1580, einer Zeit, in der man aus hygienischen Gründen überall die Friedhöfe vor die Stadtmauern verlegte. Damals wurden die genauen Maße der Sandsteinquader festgelegt, die die Gräber bedecken, um auf die Gleichheit aller im Tod hinzuweisen. Die Nürnberger Bürgerschaft fand jedoch eine andere Möglichkeit, Stand und Reichtum zu dokumentieren: Dies bezeugen die aufgelegten Epitaphien aus Messing, viele sehr einfach gehalten, andere davon prunkvoll und von namhaften Künstlern bearbeitet. Ein Beispiel für letzteres ist das so genannte „Pellergrab“, während das Dürrergrab vergleichsweise schlicht gehalten ist. Der Epitaphienverein, dessen Vorsitzende Dr. Claudia Maué ist, kümmert sich seit einigen Jahren um den Erhalt der Epitaphien. Bei der Instandhaltung muss die Balance gehalten werden, zwischen dem historischen Erscheinungsbild und einem Neuzustand mit Hochglanzpolitur. Was man von außen nicht sieht ist, dass es mehr als 500 Grüfte im Untergrund der beiden Friedhöfe St. Johannis und St. Rochus gibt, die teilweise größer sind als die eigentlichen Grabstellen. Bei einer Neubestattung werden die drei Tonnen schweren Steine händisch angehoben, wofür häufig Steine benachbarter Gräber vorab verrückt werden müssen. Vorbei am Grab des Adlerlokomotivführers Wilson, um das bei Events eine Spielzeugeisenbahn tofft, ging es zur Arkadenhalle aus dem Jahr 1860. Hier besteht dringender Sanierungsbedarf, weil die Belastung durch das Dach, die Mauern nach außen drückt. Eine Notsicherung ist bereits erfolgt und Gespräche für eine grundlegende Sanierung sind im Gange. Die Gruppe warf noch einen Blick in die Holzschuher Kapelle, die immer noch von den Nachkommen der Patrizierfamilie als Grablege genutzt wird, sich aber im Eigentum der Stadt befindet. Bemerkenswert ist, dass der Friedhof auch für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird, wie zum Beispiel für Lesungen und kleine Konzerte.
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