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30.07.21 –
Was macht die sogenannte „Stadtautobahn“ eigentlich mit Coburg? MdL Sabine Weigand hat sich dieser Frage am Freitag auf ihrer jährlichen Denkmalschutz-Tour zugewandt. „ Coburg – Stadtbild und Straßenbau“ war das Thema und unter Begleitung von Stadtheimatpfleger Christian Boseckert und Hobby-Historiker Rolf Metzner ging es zusammen mit den übrigen Teilnehmer*innen zuerst auf die Frankenbrücke. Rolf Metzner hatte Fotos der alten Jugendstil-Villen mitgebracht, die Ende der 1970er Jahre dem Ausbau des Neuen Wegs zur B4 Stadtautobahn weichen mussten. Die prächtigste unter ihnen mit der Adresse „Weichengereuth 1“ stand dort, wo heute die großzügige Auffahrt vom Marschberg auf die Bundesstraße liegt. Insgesamt 23 Villen wurden für die Straße in den 70er und 80er Jahren abgerissen, ergänzte Christian Boseckert.
„Wenn man nach Coburg von Süden über die B4 hereinfährt, sieht das wirklich nicht gut aus“, konstatierte Sabine Weigand darum auch. Zur Rechten die Brache des alten Güterbahnhofs, zur linken vom schwarzen Staub der Straße angegraute Häuser, dazwischen eine Tankstelle und schließlich eine riesige Betonbrücke – insgesamt kein Eindruck der den Besucherinnen „Willkommen in einer der hübschesten Städte Oberfrankens“ entgegenruft.
Dass die Itz „ganz versteckt“ und „wie ein Kanal“ von der Brücke aus ebenfalls keinen Charme entfaltet, sorgte zusätzlich für Kopfschütteln bei der Schwabacher Landtagsabgeordneten. Zusammen mit dem Bundestagskandidaten von Bündnis 90/Die Grünen, Hannes Wagner, ging‘s auf die nördliche Seite der Brücke, von wo aus die Gruppe einen Blick Richtung Bahnhof werfen konnte. Wie die große Straße und das Gleis die Stadt in zwei Teile spaltet, die nur durch vier Durchfahrten miteinander verbunden werden und wie schön es sein könnte, wenn durch eine Tieferlegung oder eine Einhausung dort ein riesiger „Englischer Garten“ zum Verweilen am renaturierten Fluss und zum Spazieren und Durchradeln einladen würde: Beispiele aus Aschaffenburg, wo die Autobahn A3 im Stadtgebiet komplett eingehaust ist, aus München, wo der Mittlere Ring auf langen Strecken zugunsten von grünen Parkanlagen unter die Erde gelegt worden ist oder aus Starnberg, wo ebenfalls die Tieferlegung der durch die Stadt führenden Bundesstraße B2 in Planung ist, wurden erwähnt.
Den Abschluss des Spaziergangs bildete ein Gespräch mit Zeitzeugin Rita Ehrl, deren Grundstück am vierspurig ausgebauten Neuen Weg früher bis zur heutigen Mittelleitplanke reichte und deren Wohnhaus nach langen und persönlich sehr belastenden Verhandlungen mit Stadt und Straßenbauamt abgerissen wurde, unter Androhung der Einteignung. „Zehn Jahre meines Lebens hat das kaputt gemacht“, sagt sie heute im Rückblick auf diese Zeit. Das Wirtschaftsgebäude ihrer Ernst Kühner e. K. musste in der Mitte durchgeschnitten werden und hat seine alte Schönheit dabei komplett eingebüßt. Was als Ersatz blieb, waren neue Zweckbauten im nüchternen Stil der 70er Jahre und ein großer Haufen Schulden. In diesem Gespräch wuchs bei den Teilnehmenden die traurige Erkenntnis, dass die vermeintlich günstigsten Mobilitäts-Lösungen mit größten historischen Kosten für das Stadtbild und schwerem persönlichen Leid für Anwohnerinnen und Anwohner einhergehen. Und es bleibt der Wunsch, dass die politisch Verantwortlichen aus diesen Erfahrungen die Lehre ziehen, die Zukunft menschlicher, architektonisch behutsamer und grüner zu gestalten.
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